wir würden nie zur “Feuerzangenbowle” geh’n – wir geh’n stattdessen zur Mutter!

11.12.2025
19:00 - 23:45

Mutter, Kassel

Link zur Veranstaltung

Das CAMPUS KINO Kassel, ein studentischer Filmclub, plant gemeinsam mit dem Zusammenschluss UNIPARTY und der Kasseler Sparkasse auch für dieses Jahr eine Aufführung der 1943 unter faschistischer Herrschaft gedrehten „Feuerzangenbowle“ in Räumen der Universität Kassel.

Der Film „die Feuerzangenbowle“ wurde im Jahr 1943 unter der Regie von Helmut Weiss gedreht und basiert auf einem Roman von Heinrich Spoerl. Die Premiere des harmlos daherkommenden Filmes fand 1944 im kriegsverwüsteten Berlin statt. Zu diesem Zeitpunkt hielt das NS-Regime mit allen Mitteln am Angriffskrieg fest und versuchte, die Kriegsmüdigkeit der Bevölkerung (nach einer vernichtenden Niederlage der deutschen Armee in Stalingrad 1943) zu kompensieren. Der systematisch organisierte Völkermord und die strategischen Verbrechen gegen die Menschlichkeit in den Konzentrationslagern waren in vollem Gange.

Wie die gesamte Kulturindustrie, war auch die Filmindustrie dem Propagandaministerium der Faschisten untergeordnet. Wer nun denkt, dass das einen Haufen offensichtlicher Nazi-Propagandafilme (wie Veith Harlans „Jud Süß“) zur Folge hatte, irrt. Tatsächlich bestand die Mehrheit der Filme aus heiteren Unterhaltungsfilmen. Nach der (erwähnten) Kriegswende von Stalingrad stieg dieser Anteil noch weiter. In diese Kategorie ‚fröhlicher‘ Ablenkungsfilme fällt auch „die Feuerzangenbowle“. Gerade das Nicht-Zeigen der damaligen Kriegsrealität macht „die Feuerzangenbowle“ zu einem Instrument der Normalisierung und Weiterführung eines nationalsozialistischen Alltages aus Menschenhass, Massenvernichtung und Krieg. Wird also behauptet, der Film sei unpolitisch und zeige keine direkte NS-Propaganda, muss entgegengehalten werden, dass er seinen Propagandazweck durch das bewusste Ausblenden der damaligen Wirklichkeit erfüllte. Eine subtile Verherrlichung faschistischer Ideologie ist im Film unter anderem in der dargestellten Geschichtsstunde zu sehen. Dies zeigt eine Broschüre der AG Antifaschismus der Universität Hamburg (mittels QR-Code abrufbar).

Entscheidende Personen des Films, wie der Hauptdarsteller Heinz Rühmann, übernahmen zentrale Funktionen für das System der Nationalsozialisten. Was für eine Stellung Rühmann innehatte wird deutlich, wenn man bedenkt, dass er es durch seine Beziehungen zur NS-Spitze schaffte, ein drohendes Verbot „der Feuerzangenbowle“ abzuwenden. Dieses Verbot versuchte der damalige Reichserziehungsminister zu erwirken, weil im Film eine (vermeintliche) Verballhornung von Lehrpersonen zu sehen sei (siehe QR-Code).

Und last but not least: die Aufführungsrechte des Filmes liegen bei der ehemaligen Vorständin der AfD-Münster Dr. Cornelia Meyer zur Heyde, wie der Spiegel 2018 titelte: „‘Die Feuerzangenbowle‘ hat eine Nazi-Vergangenheit – und eine AfD-Gegenwart“‘ (siehe QR-Code).

Unsere Gesellschaft befindet sich in einem alarmierenden Zustand, der kritisches Hinterfragen erfordert. Was wir nicht brauchen ist verharmlosende Unterhaltung durch NS-Feel-Good – 81 Jahre nach der Erstaufführung, zelebriert durch den studentischen Filmklub der Universität Kassel. Was wir brauchen, sind universitäre Räume, in denen eine antifaschistische Haltung willkommen ist.

Wir sagen, wir würden nie zur Feuerzangenbowle geh ‘n!

Wir gehen stattdessen zur Mutter!

Komm(t) doch mit.