Feministische Demonstration zum 8. März

Zum 8. März 2020, dem internationalen Frauentag, hatte das Frauen und Queers Streik – Komitee Kassel zu einer feministischen Demonstration aufgerufen. Laut dem Aufruf des Komitees sollten damit aktuelle feministische Kämpfe auf die Straße getragen werden. Konkret ging es um Kämpfe um Wertschätzung von Sorge- und Reproduktionsarbeit, der Kampf um Anerkennung sowie Chancengleichheit in Ausbildung und auf dem Arbeitsmarkt und das Eintreten für körperliche, geschlechtliche Selbstbestimmung.

Dem Aufruf sind, grob geschätzt, ca. 600 Menschen gefolgt, die sich am Sonntag um 14 Uhr auf dem Bahnhofsvorplatz versammelt haben. Nach einer kurzen Kundgebung vor dem Hauptbahnhof startete die Demo gegen 15 Uhr vom Bahnhofsvorplatz und lief über die Kölnische Straße und Karthäuserstraße zum Ständeplatz, wo eine Zwischenkundgebung abgehalten wurde. Anschließend lief die Demo weiter über die Königstraße zum Stern. Dort wurde ein kurzer Sitzstreik auf der Kreuzung abgehalten. Ihren Abschluss fand die Demo auf dem Holländischen Platz.

Die Beiträge während der gesamten Demo waren zahlreich und variierten in Form und Inhalt. Zu Beginn hielt das Frauen und Queers Streik – Komitee einen Redebeitrag, der die zahlreichen Forderungen des Komitees beinhaltete, die sich grob an den verschiedenen Themenfeldern im Aufruf orientierten. Anschließend hat eine Gruppe von ca. 30 Personen die Performance „Un violador en tu camino“ (spanisch: Ein Vergewaltiger auf deinem Weg) vorgetragen, die ursprünglich von dem feministischen Kollektiv „Las Tesis“ aus Chile initiiert wurde. Damit ist die Performance, die geschlechtsspezifische Gewalt und Vergewaltigungskultur adressiert, das erste Mal in Kassel öffentlich aufgeführt worden, nachdem sie seit November 2019 weltweit adaptiert wurde.

Weitere Redebeiträge wurden von Sprecher*innen der Unterstützer*innengruppe direkt oder indirekt Betroffener der sexualisierten Übergriffe auf dem Festival ‚Monis Rache‘, der Gruppe ‚Ackerfeminismus‘ aus Witzenhausen, der JXK (Studierende Frauen aus Kurdistan) und dem internationalistische Netzwerk Ya Basta gehalten. Darüber hinaus hat die feministische Gruppe ‚Burschenschaft Vulgaria‘ ihre ‚Hymne zum goldenen Matriarchat‘ vorgetragen. In der Variation der verschiedenen Beiträgen spiegelte sich die Breite feministischer Kämpfe und Forderungen wider und es wurde deutlich, dass der feministische Kampf gegen das Patriarchat auf verschiedenen Ebenen und in zahlreichen Bereichen geführt werden muss.

Eine vielzitierte Aussage auf der Demonstration, dass über den 8. März hinaus genug Anlässe zum feministischen kämpfen gegeben seien, wurde mit der Berichterstattung der HNA über die Demonstration eindrücklich bestätigt. In seinem Artikel „Internationaler Frauentag in Kassel mit zwei Seiten: Wütende Reden und ernsthafter Dialog” bezeichnete der Lokaljournalist Axel Schwarz die Demonstration als „offenes Wut-Artikulationsangebot aus allen erdenklichen Befindlichkeiten gefühlter Benachteiligung” und unterstellte den Rednerinnen, „keine konkreten und damit diskutierbaren Anliegen benannt” zu haben. Daraufhin protestierten ca. 20 Feminist*innen am Morgen des 11. März im HNA – Gebäude an der Frankfurter Straße gegen diese Berichterstattung.

„Der Artikel von Axel Schwarz ist keine objektive Berichterstattung, er ist ein politisches Statement, und zwar ein Statement des Antifeminismus”, so das Frauen und Queers Streik- Komitee Kassel in seinem Statement zur Aktion. Das Komitee kritisiert im Statement weiter, dass feministische Anliegen diskreditiert würden, indem ausschließlich auf vermeintlich unangemessene Emotionen eingegangen würde, mit denen berechtigte Forderungen vorgetragen werden würden. Im Redaktionsraum der HNA führten die Protestierenden die bereits erwähnte Performance „Un violador en tu camino“ auf und warfen den Redakteur*innen das Statement des Komitees wortwörtlich vor die Füße.

Frauen und Queers Streik* Kassel 08.03.2020