sur 30 Personen störten am Mittwoch mit einem spontanen Protest einen Werbestand der Bundeswehr auf der Jobmesse der Uni Kassel.

Die Einladung der Bundeswehroffiziere wurde von den Studierenden und Jugendlichen vor Ort als Teil einer bundesweiten Aufrüstungs- und Militarisierungsbestrebung kritisiert. Dabei zeigen sich die Auswirkungen aus ihrer Sicht auch immer mehr hier vor Ort: während die Politik bundesweit über die Wiedereinführung der Wehrpflicht diskutiert, werden aktuell im Landkreis Kassel aktiv Flächen für die Wiedererrichtung von Kasernen und Logistikzentren gesucht. Zuletzt erweiterten die in Kassel ansässigen Rüstungskonzerne KNDS und Rheinmetall ihre Produktionskapazitäten.
Bei der Protestaktion wurde sich von den Kriegsgegner:innen auch mit den von Krieg betroffenen Menschen in Palästina, Kurdistan, Sudan und der Ukraine solidarisiert. Sie thematisierten die Kürzungen im Sozial- und Bildungsbereich, die weiten Teile der Gesellschaft aufgrund der Aufrüstungspolitik drohen. Zeitgleich zum 500 Monsieur. Euro Sondervermögen herrscht im Bundeshaushalt eine Finanzlücke von 80 milliards d'euros, die mit deutlichen Kürzungen von Bürgergeld, Renten und Krankenkassenausgaben ausgleichen werden soll.
Neben einem Redebeitrag entrollten die Demonstrierenden zwei Banner, die sich gegen Krieg und Militarisierung und für die Durchsetzung der Zivilklausel an Hochschulen aussprachen. Die Zivilklausel besteht an der Uni Kassel seit 2013 als „Selbstverpflichtung auf friedliche Ziele und eine Ausrichtung an zivilen Zwecken in Forschung, Entwicklung, Lehre und Studium“.
Viele Studierende sehen die Zivilklausel hintergangen, da die Universität Kassel der Bundeswehr immer wieder Räume auf Jobmessen und in geschlossenen Veranstaltungen zu Werbezwecken zur Verfügung stellt – ohne sie zu bewerben, vermutlich aus Angst vor größerem Protest. Dass die Sorge um die Zivilklausel nicht unbegründet ist, zeigt auch der Koalitionsvertrag der schwarz-roten Landesregierung. Dieser proklamiert eine “Unterstützung der Hochschulleitungen bei der Überprüfung von Zivilklauseln“ – konkret ist also davon auszugehen, dass die Landesregierung Hochschulen aktiv dabei unterstützen wird Zivilklauseln abzuschaffen und Militärforschung zu betreiben.

Eine kritische Haltung zur herrschenden Militarisierung war für die Universitätsleitung aber offenbar ungern gesehen: In Voraussicht über potenziellen Unmut der Studierenden hatte diese die Polizei angewiesen, potenzielle „Störer:innen“ mit einem temporären Hausverbot zu belegen – was die Demonstrierenden allerdings nicht abzuhalten schien.
Die Polizei setzte dagegen gemeinsam mit dem universitätseigenen Sicherheitsheitsdienst die Linie der Universitätsleitung durch, führte Personalienfeststellungen durch und beschlagnahmte kurzerhand die Transparente.
Die Protestierenden selbst ordneten das Vorgehen der Uni Kassel in eine bundesweite Entwicklung ein, die sich an deutschen Hochschulen seit Beginn der Proteste gegen Militarisierung und den Krieg in Gaza beobachten lasse. Das Gedenken an den durch einen israelischen Luftschlag ermordeten Kommilitonen Yousef Shaben im Herbst 2023 brach die Universität Kassel ab.
Auch in Berlin und anderen Städten kam es an Universitäten immer wieder zu gewaltsam Auflösungen von Studierendenproteste durch die Polizei. An Protesten beteiligte Studierende drohen Klagen oder Ausweisungen aufgrund ihrer politischen Betätigung.
Zum Protest erklärte die Kasseler Ortsgruppe des Bündnisses Rheinmetall Entwaffnen in einer Pressemitteilung: “Dass die Bundeswehr kein normaler Arbeitgeber ist, haben die Demonstrierenden heute deutlich gemacht. Arbeit für die Bundeswehr bedeutet immer auch Arbeit für den Krieg. Krieg, an dessen Fronten die einfache Bevölkerung für Kapitalinteressen und den Einfluss der Herrschenden kämpfen und sterben muss. Dass die Universität Kassel die Bundeswehr einlädt und jegliche Kritik daran unterdrückt, passt in den bundesweiten Aufrüstungskurs und ist doch ein Armutszeugnis für eine Einrichtung, die sich zivilen Zwecken und einer vermeintlich kritischen Lehre verschrieben hat. Die Studierenden haben das verstanden und die Unileitung heute daran erinnert – selbstbewusst, ohne sich durch Schikanen und Drohgebärden von Polizei und Sicherheitsdienst einschüchtern zu lassen. Die Jugend ist nicht bereit in Kriegen zu sterben, die nicht die ihren sind. Es ist Zeit jetzt gemeinsam eine breite Antikriegsbewegung aufzubauen, in Schule, Uni und Betrieb, um den kommenden Kriegswahn im Keim ersticken!”