Vorbereiten auf Tag X


A49-Baustelle: Seit einem Jahr halten Aktivist*innen den Dannenröder Forst im Vogelsbergkreis besetzt, um seine Rodung zu verhindern. Vieles deutet jetzt darauf hin, dass die Räumung droht. Wir waren vor Ort und sprachen mit einer Besetzerin von „Wald statt Asphalt“.

Seit Oktober 2019 ist der etwa 300 Jahre alte Mischwald besetzt. Die Besetzung ist Teil einer Kampagne zum Erhalt des Waldes, um zu verhindern, dass für den Weiterbau der A49 etwa 100 Hektar gerodet werden.

Während der letzten Monate haben die Besetzer*innen zahlreiche kleine und große Baumhäuser errichtet, einige in schwindelerregender Höhe. Schmale Pfade verbinden die im ganzen Wald verteilten kleinen Baumhaussiedlungen, genannt Barrios, die noch vor allem als Schlafplätze genutzt werden. Derzeit werde vielerorts mit Hochdruck daran gearbeitet, viele Teile der Infrastruktur ebenfalls auf die Baumhäuser zu verlegen, erzählt die Aktivistin, die uns im Wald herumführt. 

Doch nicht nur an den Baumhäusern wird gearbeitet, auch Barrikaden versperren Forstwege, die in den Wald führen. Manche sind (noch) improvisiert, andere meterhoch und aus massiven Baumstämmen oder Betonblöcken. So bereiten sich die Aktivist*innen schon seit Wochen unermüdlich auf die drohende Räumung vor.

Dabei können sie auch auf Unterstützung aus den umliegenden Gemeinden zählen. Neben Lebensmittelspenden kommt auch viel Baumaterial direkt aus den nächsten Dörfern in den Wald. Kein Wunder, schließlich lehnen viele Anwohner den geplanten Weiterbau der A49 ab. Für den Autobahnbau hingegen engagieren sich vor allem ansässige Unternehmen, darunter der Ferrero-Konzern, die sich einen Standortvorteil auf Kosten des Umweltschutzes versprechen.

Tatsächlich sieht es derzeit so aus, als spitze sich der Konflikt langsam zu. Am 1. Oktober beginnt offiziell die Rodungssaison und die zuständige Baugesellschaft DEGES Berlin könnte mit dem Fällen der Bäume beginnen, wenn die Baumhäuser nicht wären. Deshalb rechnen die Aktivist*innen schon im September mit ersten Versuchen, die Besetzung durch die Polizei räumen zu lassen. Darauf deutet auch hin, dass die Polizei bereits ein Dorfgemeinschaftshaus in der Nähe angemietet habe, wie uns eine Anwohnerin erzählt. Zudem berichten die Besetzer*innen auf ihrem Twitter-Channel, dass die Polizei seit einigen Tagen verstärkt Präsenz im Wald zeige.

Für die Woche vom 7. bis 13. September ruft „Wald statt Asphalt“ darum zu verschiedenen Aktionen auf, darunter auch ein großer gemeinsamer Waldspaziergang am Sonntag. Vor allem wenn die Polizei mit einer Räumung beginnen sollte, erwarten die Besetzer*innen, dass viele Menschen zur Unterstützung in den Wald kommen, erklärt uns die Aktivistin weiter. Dabei gehe es vor allem darum, der Grünen Landesregierung zu zeigen, dass der Autobahnbau nicht ohne vielfältigen Widerstand machbar sei.

Die Resonanz auf Aufrufe, die Entwicklungen in und um den Dannenröder Wald und den A49-Weiterbau ist in Kassel  bisher allerdings gering. Eigentlich ein Wunder, verbindet die Autobahn doch nicht nur theoretisch die Kämpfe für Klimaschutz und Verkehrswende, sondern auch ganz praktisch Kassel mit dem Dannenröder Wald.