Demo gegen die türkischen Angriffe auf kurdische Autonomiegebiete

Am Abend des 20. November 2022 kamen ca. 50 Leute in der Kasseler Innenstadt zusammen, um gegen die Luftangriffe des türkischen Staates auf Siedlungen und Infrastruktur in Rojava und Südkurdistan zu protestieren.

Seit Samstag Abend bombardiert die türkische Luftwaffe zahlreiche Dörfer und Städte in der autonomen Selbstverwaltung in Nord- und Ostsyrien (Rojava) und Südkurdistan (Nordirak). In den letzten Tage häufen sich Meldungen über Tote und Verletzte. Neben Siedlungen wurden auch ein Getreidespeicher und ein Krankenhaus vollständig zerstört. Am Abend des 20.11.2022 kamen spontan mehrere Dutzend Menschen in der Kasseler Innenstadt zusammen, um ihre Solidarität und ihren Widerstand gegen die Angriffe des türkischen Staates zu demonstrieren.

“In diesen Minuten werden die mutigen Held*innen, die die gesamte Welt vor dem IS-Terror bewahrten, von der Türkei bombardiert und von der gesamten Weltöffentlichkeit im Stich gelassen! Die Türkei versucht nun das zu Ende zu bringen, wozu ihre Verbündeten des Islamische Staates nicht fähig waren!”

eine Teilnehmerin der Demo in einem Redebeitrag

Die Luftangriffe richten sich in Rojava gegen den gesamten Grenzstreifen im Norden, der an die Türkei grenzt. In Südkurdistan wird sowohl über Bombardierungen in Qendil als auch im ezidischen Kerngebiet Şengal berichtet. Dort fiel 2014 der Islamische Staat ein und verübte einen Genozid und Femizid an der ezidischen Bevölkerung.

Die faschistische türkische Regierung gab vor, dass die Luftangriffe eine Racheaktion auf den Bombenanschlag in der Istanbuler Einkaufsmeile am 13.11.2022 seien. Wenige Stunden nach dem Anschlag beschuldigte die türkische Regierung bereits die PKK und YPG, für das Attentat mit sechs Toten und dutzenden Verletzten verantwortlich zu sein. Beide Organisationen weisen die Verantwortung für den Anschlag entschieden zurück und gehen von einem inszenierten Vorwand der türkischen Regierung für eine weitere Invasion aus.

Die Angriffe auf die kurdischen Gebieten sind eine groß angelegte Militäroperation, die nicht überraschend kam. Seit Monaten kündigt Erdoğan einen neuen Angriffskrige auf Rojava an. Parallel dazu läuft weiterhin der seit April stattfindende völkerrechtswidrige Angriffskrieg der Türkei auf Südkurdistan (Nordirak). In den letzten Monaten wurde wiederkehrend bekannt, dass das türkische Militär dort Giftgas gegen die kurdische Guerilla in den Bergen einsetzt.

“Es ist ein Krieg der schmutzigsten Art, der gegen jegliches geltendes Kriegsrecht verstößt”, so eine Teilnehmerin auf der Demonstration. Seit Samstag Abend steht vor allem Kobanê, das Herz der Rojava- Revolution, unter türkischem Beschuss. Die Stadt wurde 2014 weltweit für den Widerstand gegen und Sieg über den sogenannten Islamischen Staat bekannt.

Am Montag, den 21.11.2022 kündigte der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan zusätzlich eine zeitnahe Bodenoffensive gegen die Autonomiegebiete in Nord- und Ostsyrien und die südkurdische Region im Nordirak an.

“Diese Angriffe richten sich gegen alle Menschen, die an der Seite der kurdischen Freiheitsbewegung stehen. Sie sind ein Angriff auf die Frauenrevolution, auf ein Leben in Einklang mit der Natur, auf gesellschaftliche Selbstbestimmung und Selbstverteidigung. Sie sind ein Angriff auf ein friedliches Zusammenleben aller Völker, auf gesellschaftliche Emanzipation, feministische Errungenschaften und internationale Solidarität! Es lebe der Widerstand in Kurdistan! Nieder mit den Angriffen des türkischen Staates! Es lebe die Frauenrevolution in Rojava!

eine Aktivistin von Women Defend Rojava Kassel

Auch im iranischen Teil Kurdistans, wo die Menschen seit Mitte September nach der Ermordung Jîna Mahsa Aminis auf den Straßen protestieren, haben die Angriffe auf die darauf folgende Revolutionsbewegung stark zugenommen. In mehreren kurdischen Städten Irans spitzt sich die Lage derzeit weiter zu. Bei Protesten in der vergangen Woche schossen iranische Revolutiongsgarden wahllos auf Demonstrierende, die Zahlen der Verletzten und Toten steigt drastisch an.

Wie in Kassel kam es auch bundesweit am vergangenen Wochenende zu Protesten gegen die Angriffe des iranischen und türkischen Staats gegen die kurdische Bevölkerung und in Solidarität mit den anhaltenden Protesten im Iran.

Sowohl am vergangenen Samstag bei der Solidaritätsdemonstration mit den Protesten im Iran als auch bei der Demonstration am Sonntag Abend gegen die türkischen Luftangriffe, wurden weitere Protestaktionen angekündigt. Die militärischen Angriffe und die staatliche Repression der beiden faschistischen Regime dürften nicht unbeantwortet bleiben, so die Aktivistin vom Women Defend Rojava Kassel abschließend.

Demo gegen die Angriffe in Kurdistan 20.11.2022