Kollektive vernetzen sich


Seit zweieinhalb Jahren vernetzen sich Kollektivbetriebe in Kassel. Mit gemeinsamen Aktionen wollen sie ihre Ziele bekannt machen: gleichberechtigte Entscheidungsstrukturen und gemeinsame Besitzverhältnisse am Arbeitsplatz.

In Kassel gibt es derzeit etwa 20 Kollektivbetriebe. Das bedeutet: Selbstorganisation am Arbeitsplatz ohne Chef. Oder alle sind „der Chef“ und teilen sich die Verantwortung. Kommt ein bisschen drauf an, wen man fragt. Die Chance nachzufragen hatten wir am vergangenen Freitag.

Mit einer kleinen Feier wurde das neue Gestaltungskonzept für das Schaufenster des ABC-Buchladens eingeweiht. Zwei Wochen lang präsentieren sich dort zwei Betriebe der Kasseler Kollektive, werben für sich selbst und vor allem für die Idee einer hierarchiefreien Arbeitswelt. Den Anfang machen das Kollektivcafé Kurbad und der Mitgliederladen Oberkaufungen, kurz Mila O. Passend dazu gab es frischen Espresso sowie die Gelegenheit, sich mit Mitgliedern der Kasseler Kollektiven auszutauschen, und einen ersten Blick auf das frisch enthüllte Schaufenster zu werfen.

Teil der Kollektiv-Vernetzung sind derzeit etwa 14 Betriebe aus Kassel und der näheren Umgebung. Dazu gehören neben Betrieben aus dem Bereich des Einzelhandels oder der Gastronomie auch ein Bauernhof, zwei Tagungshäuser, das Autonome Frauenhaus, die Tagespflege Lossetal oder der Verein eigenMächtig.

Der Verein eigenMächtig bietet Unterstützung für traumatisierte Frauen und Trans* an. Obwohl es in ihrem Verein formal einen Vorstand braucht, würden bei eigenMächtig alle größeren Entscheidungen im Konsens getroffen, also in Übereinstimmung mit dem gesamten Team, erzählt Esther.

„Bei uns sind alle gleichzeitig Arbeitnehmerinnen und Arbeitgeberinnen. Wir achten darauf, dass alle Arbeiten gleichermaßen wertgeschätzt werden und alle den gleichen Stundenlohn bekommen.“ 

Von der Vernetzung der Kasseler Kollektive verspricht sie sich vor allem ein Ende des unorganisierten Nebeneinanderher. Schließlich sei es im Interesse aller Kollektive diese Form der Arbeit bekannter zu machen.

Von den aktuell 14 Betrieben seien zwar nicht alle ständig aktiv oder auf den monatlichen Treffen präsent, aber jeder einzelne fühle sich der gemeinsamen Sache verbunden, berichtet Verena über die Vernetzung. Die gebe es schon seit etwa zweieinhalb Jahren und habe auch die schwierige Corona-Zeit hindurch gut funktioniert. Die Schaufenstergestaltung sei nun, nach einer Fahrradtour und einer kleinen Wanderung zu verschiedenen Betrieben der Vernetzung die dritte Aktion, um auf die Kasseler Kollektive aufmerksam zu machen. Alle, die ein Teil der Struktur werden wollten, seien dazu herzlich eingeladen.