Freiheit für Lina Demonstration in Kassel


Am vergangenen Samstag den 4. September demonstrierten in Kassel etwa 200 Personen für die Freilassung der Antifaschistin Lina. Die ursprünglich aus Kassel stammende Studentin sitzt seit November 2020 in Untersuchungshaft. Sie und drei weitere Personen werden beschuldigt, Angriffe auf Neonazis vorbereitet und durchgeführt zu haben. Nachdem wir bereits im Februar ein Gespräch mit Linas Mutter geführt haben, nehmen wir die Demonstration zum Anlass, der Frage nachzugehen, was seitdem geschehen ist.

Freiheit für Lina Demonstration in Kassel am 04.09.2021
Freiheit für Lina Demonstration in Kassel am 04.09.2021

Die Demonstration zog vom Rathaus durch die Fußgängerzone, über den Königsplatz und Stern schließlich in die Nordstadt und endete im Nordstadtpark. Vor allem in der Innenstadt habe man sich viel Zeit gelassen, um mit Passant*innen ins Gespräch zu kommen und Flugblätter zu verteilen, erklärte jemand aus der Soli-Gruppe. Das sei notwendig, denn viele Menschen würden bloß die reißerische Berichterstattung der großen Medienhäuser kennen. Die ist zwar im Verlauf der letzten Monate etwas weniger geworden, doch am generellen Ton hat sich wenig geändert. Lina werde als vermeintliche Terroristin vorgeführt.

“Dazu inszenieren Bundesanwaltschaft und sächsische Polizei bewusst ein groteskes Schauspiel, das in weiten Teilen der deutschen Medienlandschaft einfach aufgegriffen, unhinterfragt wiedergegeben und selbst weitergesponnen wird.”

Aus dem Aufruf zur Demonstration

Die reißerische und sexistische Berichterstattung prangerte auch Linas Mutter in einem Grußwort an, das auf der Demonstration verlesen wurde. Durch die Generalbundesanwaltschaft werde Lina zur Terroristin stilisiert und weil sie eine Frau ist, überschlage sich die Berichterstattung. Auch in einem weiteren Redebeitrag wurde diese Darstellung in der Öffentlichkeit kritisiert. Für die einen sei Lina eine “zierliche Frau im Minirock mit lackierten Fingernägeln”, für andere die “gefährlichste Linke Deutschlands”. Nun steht der Prozessbeginn unmittelbar bevor.

Den nahenden ersten Prozesstag am 8. September hatte auch die Kasseler Soli-Gruppe als Anlass für ihre Demonstration gewählt. Sie erwarte einen “der größten und bedeutsamsten Prozesse gegen Antifaschist*innen der letzten Jahrzehnte”, hieß es dazu im Aufruf. Tatsächlich sind für den Prozess, der mittlerweile auch als “Antifa Ost”-Verfahren bezeichnet wird, schon Verhandlungstage bis Ende März festgelegt. Wie zu erwarten war, ist auch das mediale Interesse groß: Das Oberlandesgericht Dresden gab Ende August bekannt, dass alle 25 für Medienvertreter zur Verfügung stehenden Sitzplätze reserviert sind.

Rangeleien um einen Rauchtopf bei der Demonstration am 04.09.2021

Um Lina und die anderen Beschuldigten im anstehenden “Antifa Ost”-Verfahren zu unterstützen hat sich in den letzten Monaten auch in Kassel eine Unterstützungsgruppe zusammengefunden.

Wir haben im Rahmen des Offenen Antifa Treffens eine Info-Veranstaltung zu Linas Haftsituation und dem ganzen Prozess organisiert, da kamen knapp 100 Leute. Das war sehr bewegend und das Interesse groß. Danach haben immer wieder Leute gefragt: Wo kann ich helfen, wie kann ich Lina unterstützen? Seitdem treffen wir uns regelmäßig als Solidaritätsgruppe und haben beispielsweise die Demonstration jetzt am Samstag organisiert, oder kümmern uns um die gemeinsame Anreise aus Kassel zum Prozessauftakt in Dresden oder zur Wir Sind Alle Linx- Demonstration in Leipzig.”

Mit der Demonstration in Kassel zeigt sich die Solidaritätsgruppe zufrieden. Die Teilnehmer*innenzahl habe in etwa den Erwartungen entsprochen und auch mit der Polizei habe es fast keine Probleme gegeben. Der einzige Zwischenfall ereignete sich kurz vor Ende der Demonstration. Als im vorderen Teil der Demonstration ein einzelner Rauchtopf gezündet wurde, kam es zu einem kurzen Gerangel. Personalienfeststellungen oder andere Maßnahmen habe es aber auch nach der Demonstration nicht gegeben, erklärte die Kasseler Rote Hilfe.

Bildergalerie zur Demonstration

Freiheit für Lina Demonstration am 04.09.2021